Rückkehr nach Marrakesch

Chirurgischer Direktor aus Gelsenkirchen und Herne trifft erneut Ärzteteam nach Erdbeben-Einsatz und initiiert neue internationale Zusammenarbeit
Bild 1: Wiedersehen nach anderthalb Jahren in Marrakesch: Prof. Dr. Chris Braumann, Dr. Ameur Quaggag, Dr. Sina Vogel (Foto: privat / Braumann).

Als Prof. Dr. Chris Braumann, Chirurgischer Direktor des EVK Gelsenkirchen und des EvK Herne im Evangelischen Verbund Augusta Ruhr (EVA Ruhr), das letzte Mal marokkanischen Boden betrat, bebte die Erde. Dies ereignete sich am 8. September 2023. Bei dem stärksten Beben in der Region, 75 Kilometer von Marrakesch entfernt, starben fast 3.000 Menschen, unzählige wurden verletzt. Nun kehrte der Chirurg zurück, um sich erneut mit den Ärztinnen und Ärzten zu treffen, mit denen er damals so viele Stunden im OP verbracht hat.

Medizinische Hilfe unter Extrembedingungen

Nach Marokko waren Prof. Braumann und seine Lebensgefährtin Dr. Sina Vogel aus dem Katholischen Klinikum Bochum damals gereist, um ihr langjähriges – inzwischen 21-jähriges – Patenkind Naima und die Kinder des Kindergartens „Afous Rofous“ im Atlasgebirge Marokkos zu besuchen. Der Kindergarten wurde von einem Dortmunder Ehepaar gegründet und bietet Platz für 42 Jungen und Mädchen.

Genau in dem Zeitraum des Marokko-Besuchs brach das Erdbeben aus. Als das Paar das Ausmaß der Katastrophe sah, war ihm sofort klar, dass sie helfen möchten und so boten sie in zwei Kliniken ihre Hilfe an. Nach anfänglicher Skepsis und Blick auf die Webseiten der deutschen Krankenhäuser, in denen Prof. Braumann und Dr. Vogel tätig sind, nahm das Ärzteteam der Clinique Internationale de Marrakech die Hilfe dankend an. Über zehn Stunden lang standen beide mit den marokkanischen Kolleginnen und Kollegen am OP-Tisch und versorgten schwerstverletzte Erdbebenopfer. Eine außergewöhnliche Nacht, die bis heute zusammenschweißt.

Beim erneuten Marrakesch-Besuch begleitete Prof. Dr. Chris Braumann (2. v.l.) verschiedene Operationen mit Dr. Ameur Quaggag, mit dem er auch damals zusammen Verletzte nach dem Erdbeben operiert hat. (Foto: privat / Braumann)

Erneuter Besuch beim Ärzteteam in Marrakesch

Anderthalb Jahre sind seither vergangen. In der Zwischenzeit hielten Prof. Braumann und der marokkanische Unfallchirurg Dr. Ameur Quaggag engen Kontakt. Entsprechend groß war die Wiedersehensfreude, als Prof. Braumann im März erneut nach Marrakesch reiste und die Klinik besuchte. „Es kam mir vor, als wäre ich erst gestern hier gewesen. Besonders habe ich mich darüber gefreut, das gesamte OP-Team mit den gleichen Anästhesisten, Neurochirurgen und Chirurgen wie damals wieder zu sehen und mit offenen Armen empfangen zu werden“, berichtet Braumann. Obwohl er dieses Mal nicht operierte, erlebte er den Klinikalltag aus nächster Nähe: er beriet sich mit Dr. Quaggag zu einer schweren chirurgischen Handverletzung, begleitete eine neurochirurgische Behandlung und drei Sectiones (Kaiserschnitte). Besonders beeindruckt zeigte sich Braumann von den neu errichteten OP-Sälen der Klinik. 

Neben dem Klinikbesuch umfasste die Reise nach Marrakesch für Braumann und seine Lebensgefährtin auch wieder ein Besuch im Kindergarten „Afous Rofous“ und bei ihrem Patenkind. Außerdem schauten sie sich die noch immer sichtbaren Schäden im Stadtzentrum an, das vom Erdbeben besonders schwer getroffen wurde, und leisteten Hilfe beim Wiederaufbau.

Neue internationale Zusammenarbeit mit marokkanischer Klinik

Die Reise resultierte aber nicht nur in einer persönlichen Wiederbegegnung, sondern führte auch zu einer neuen Perspektive – einer neuen internationalen Zusammenarbeit. Laut Braumann fördert diese Kooperation nicht nur einen internationalen fachlichen Austausch, sondern schärft auch den Blick für globale medizinische Herausforderungen und klinische Verantwortlichkeiten von Chirurgen weltweit. Im Herbst dieses Jahres wird die Zusammenarbeit mit einer einwöchigen Hospitation beginnen. Unfallchirurg Dr. Ameur Quaggag wird nach Deutschland kommen, um Prof. Braumann bei seiner alltäglichen Arbeit im EVK Gelsenkirchen und EvK Herne zu begleiten. Dabei legt er besonderen Wert darauf, dass der Gast „nicht nur zusieht, sondern mir auch im OP assistiert.“

Das Ärztepaar besuchte auch dieses Mal ihr 21-jähriges Patenkind Naima (links im Bild) und die Kinder des Kindergartens „Afous Rofous“. (Foto: privat / Braumann)

Zurück

nach oben