Aus Marokko zur Diakoniestation Ost

Nach ihrem bestandenen Examen arbeiten Hassan El Boukhrissi und Adil Ghanoun als Pflegefachkräfte in der Alten- und Krankenpflege in der Diakoniestation Ost.
Freuen sich über die bestandene Prüfung zum Pflegefachmann (v.l.): Ausbildungskoordinatorin Ricarda Jahndorf, Adil Ghanoun, Hassan El Boukhrissi und Bereichsleiterin Silvia Kamitz. (Foto: DW G-WAT)

Es ist sicherlich keine einfache Situation, in jungen Jahren die Familie zu verlassen und in einem fremden Land eine Ausbildung zu starten. Verständigungsschwierigkeiten, Heimweh und eine unbekannte Kultur sind nur einige Faktoren, die auch den beiden frischgebackenen Pflegefachkräften Hassan El Boukhrissi und Adil Ghanoun in ihren Anfangszeiten in Deutschland zu schaffen machten. Aber die beiden 25-Jährigen aus Marokko haben diese Herausforderungen erfolgreich gemeistert und arbeiten nach ihrem bestandenen Examen in der Alten-und Krankenpflege bei den Ambulanten Diensten des Diakoniewerks Gelsenkirchen und Wattenscheid.

Eine neue Heimat

In der Diakoniestation Ost an der Alemannenstraße haben die jungen Männer aus Tanger und Nador ihre neue berufliche Heimat gefunden. Im Oktober 2020 kamen beide, nachdem sie einen sechsmonatigen Deutschkurs Sprachniveau B1 erfolgreich absolviert und einen Ausbildungsvertrag mit dem Diakonischen Werk Wolfsburg erhalten hatten, nach Deutschland. Hier trafen sie auch zum ersten Mal aufeinander, lebten im selben Wohnheim, und unterstützten sich gegenseitig beim Deutschkurs auf B2 Niveau, der Voraussetzung für eine medizinische Tätigkeit in Deutschland ist.

Die richtige Entscheidung

„Die Anfangszeit in Wolfsburg war schon nicht leicht“, erinnert sich Hassan El Boukhrissi. Denn in der deutschen Sprache noch ziemlich unsicher, mussten der Unterricht in der Pflegeschule, der praktische Teil der Ausbildung in einer stationären Einheit der Diakonie und der Alltag bewältigt werden. Aber da er sich schon immer für eine Tätigkeit in der ambulanten Pflege interessiert hatte, biss er sich durch. „Mein Vorteil ist vielleicht, dass drei Brüder von mir in Deutschland leben, einer davon in Gelsenkirchen. Da es in Marokko schwierig ist, eine Anstellung zu finden, haben mich meine Brüder ermutigt, den Schritt ins Ausland zu wagen. Und es war die richtige Entscheidung, denn Menschen zu helfen und Patienten zufriedenzustellen, motiviert mich und macht mich zufrieden. Und hier in Gelsenkirchen bin ich wirklich sehr glücklich mit meiner Arbeit und meinem Umfeld.“

Familiäre Pflege

Wie Hassan El Boukhrissi, begann auch Adil Ghanoun eine Ausbildung zum Pflegefachmann in Wolfsburg, bevor beide ihre Ausbildung in Gelsenkirchen fortsetzten. Seine Familie lebt hauptsächlich in Marokko, hier hat er auch seinen Großvater gepflegt. „Ich hatte schon immer Interesse an medizinischen Themen und hätte auch gerne zuhause in diesem Bereich gearbeitet. Aber bei uns sind die Strukturen anders, mein Abitur im wirtschaftlichen Zweig hat mich für eine medizinische und pflegerische Tätigkeit nicht qualifiziert. Zudem sind die beruflichen Perspektiven in Marokko für junge Menschen leider eher schlecht.

 

Blutdruck messen: An Bereichsleiterin Silvia Kamitz zeigt Hassan El Boukhrissi, was er in der Pflegeausbildung gelernt hat. (Foto: DW GE-WAT)

Höchster Respekt

Also stürzte er sich mit Feuereifer in die Ausbildung, auch wenn einige Stolpersteine zu umgehen waren, so wie das niedersächsische Platt, das insbesondere von den älteren Wolfsburgern gesprochen wurde. „Da habe ich manchmal wirklich nichts verstanden“, lacht er. Ein Dialekt ist in Gelsenkirchen kein Problem, wie auch Ricarda Jahndorf, Ausbildungskoordinatorin bei den Ambulanten Diensten Gelsenkirchen und Wattenscheid, weiß. Sie zollt den jungen Männern für ihre Leistung höchsten Respekt: „Wieviel Hürden und Prüfungen Hassan und Adil meisterten, wie gut sie mittlerweile Deutsch sprechen und wie hervorragend sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben, ist wirklich bemerkenswert.“ Für sie stehen die beiden stellvertretend für viele andere, die ebenfalls engagiert und fleißig sind sowie gute Umgangsformen besitzen. „Von den 28 Auszubildenden in meinem Bereich haben rund 60 Prozent einen Migrationshintergrund.“

Spontane Hilfsaktion

Ricarda Jahndorf war es auch, die Hassan El Boukhrissi und Adil Ghanoun Bereichsleiterin Silvia Kamitz wärmstens empfahl. Und diese hat es keinen Moment bereut, den beiden jungen Männern eine Chance in der Diakoniestation Ost gegeben zu haben, im Gegenteil. „Beide sind in höchstem Maße engagiert und empathisch, bewältigen alle Aufgaben präzise und gewissenhaft. Sie haben eine grandiose Entwicklung hinter sich und ich bin sicher, dass sie beruflich weit kommen werden.“ Wie begeistert auch das Team von den jungen Kollegen ist, zeigte eine Hilfsaktion für Adil, der zum zweiten Mal in die Führerscheinprüfung musste. „Da er dies in seiner Ausbildung finanziell schlecht stemmen konnte, hat das Team spontan gesammelt und ihn so unterstützt. Das sind wir als Ambulante Dienste, wir halten zusammen.“ Und auch die Patienten lassen sich gerne von den marokkanischen Pflegekräften betreuen. „Sogar die älteren Damen“, weiß Silvia Kamitz, „ein höheres Lob gibt es nicht.“

Ein neuer Lebensabschnitt

So sehen die beiden einer guten Zukunft in Deutschland entgegen und genießen den neuen Lebensabschnitt. Natürlich plagt sie auch das Heimweh, die Sehnsucht nach den Eltern, sie vermissen die heimische Kultur. Ihren Urlaub verbringen sie bei ihren Familien und freuen sich, wenn sie auch dem deutschen Regen eine Zeitlang entfliehen können. Aber sie kehren immer wieder gerne in die Diakoniestation Ost zurück, denn hier haben sie eine Tätigkeit gefunden, die sie mit Freude und Leidenschaft ausüben. „Wir fühlen uns hier sehr wohl und sind herzlich aufgenommen worden,“ so Adil Ghanoun. „Die Ausbildung bei den Ambulanten Diensten können wir nur weiterempfehlen.“

Ausbildungskoordinatorin Ricarda Jahndorf und Adil Ghanoun arbeiten an einer Pflegedokumentation. (Foto: DW G-WAT)

Über die Ausbildung

Die Ausbildung zum Pflegefachmann/Pflegefachfrau ist eine generalistische Pflegeausbildung. Die Berufsbilder der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege wurden zusammengefasst. Die Ausbildungsdauer beträgt drei Jahre und endet mit einem staatlichen Examen.

Während der Ausbildung durchlaufen die Schüler im wesentlichen folgende Disziplinen:

  • Stationäre Akutpflege (Krankenhaus)
  • Stationäre Langzeitpflege (Seniorenheim)
  • Ambulante Akut-/Langzeitpflege (Diakoniestation)
  • Gerontopsychiatrischer Einsatz
  • Pädiatrischer Einsatz (Kinderpflege)

Der praktische Ausbildungsträger muss Examinierte Fachkräfte mit einer Weiterbildung zur Praxisanleitung vorhalten. Bei den Ambulanten Diensten gibt es 22 Praxisanleitungen (PA) verteilt auf sieben Diakoniestationen.

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